Sonntag, 4. April 2021

Regionalbonus nach dem Lockup

 Regionalgeld ist eine sehr gute Möglichkeit, die Wirtschaftshilfe für Konsumenten, Selbständige, sowie Klein- und Mittelbetriebe in dieser Krisenzeit effektiv zu gestalten und eine Multiplikation der staatlichen Hilfen und auch privater Beiträge exakt für die am meisten Betroffenen bereitzustellen. Die lokale Konsumförderung mit regionaler Währung stärkt regionale Kreisläufe und unterstützt den Wiederaufbau der lokalen Kauf- und Verbraucherkreisläufe. 


Idee und Grundkonzept

Im Zuge des Wiederanfahrens der Wirtschaft wird eine lokale Konsumförderung vorgeschlagen, um kleine und mittlere Unternehmen in der Region zu fördern. In der Phase des Lockdowns haben einzelne Online-Händler wie Amazon und Lebensmittelkonzerne besonders stark von der Schließung des stationären Einzelhandels profitiert. Dadurch sind strukturelle Verschiebungen entstanden, die eines Ausgleichs bedürfen. Mit Hilfe eines staatlich geförderten Bonussystems für lokales Einkaufen wird die Strukturverschiebung wieder ausgeglichen und die entgangenen Umsätze ein Stück weit nachgeholt. Anstatt eines pauschalen Helikoptergeldes wie in Japan, das in großen Teilen zu Ersparnissen geführt hat anstatt zu dem gewünschten Konsum, schlagen wir eine Bonusaktion für die Einkäufe vor, die auf das Aktivieren der vorhandenen Kaufkraft abzielt.

Funktionsweise der Förderung

Der Regionalbonus läuft in einer digitaliserten Form. Softwaretechnologien stehen sowohl als zentrale als auch als dezentrale Verbuchungsplattformen zur Verfügung. Die Region stellt eine kostenfreie Regionalbonus-App und Webseite zur Verfügung. Händler und kleine und mittlere Unternehmen können sich ebenso wie Konsument:innen kostenfrei registrieren. Bürger:innen können die App herunterladen und ihr Konto aufladen.

Die folgenden Zahlenbeispiele und Gebührensätze beruhen auf Erfahrungswerten, die sich bewährt haben. Jede Region entscheidet demokratisch für sich über die genauen Regelungen des Regionalbonus-Systems.

Für jede Aufladung bis zu einem Betrag von 300 Euro pro Monat gibt es einen Bonus von zehn Prozent. Bei höheren Tausch-Beträgen beträgt der Bonus drei Prozent.

Der Kaufkraftgewinn beträgt also bis zu 30 Euro pro Kunde. Eine vierköpfige Familie erhält so bis zu 120 Euro pro Monat zusätzlich. Dadurch profitieren vor allem kleine und mittlere Einkommen, aber auch Gutverdiener werden motiviert, möglichst viel in der Region zu konsumieren.

Der eingetauschte Betrag muss zusammen mit dem Bonus innerhalb von drei Monaten ausgegeben werden. Wird der Betrag später ausgegeben, altert dieser mit 0,01 % pro Tag (5,2 % pro Jahr). Eine Auszahlung in Euro ist nur für teilnehmende kleine und mittlere Unternehmen möglich. Geschäfte, die Zahlungen über die App annehmen, können diese innerhalb des Netzwerks kostenfrei wieder ausgeben. Auch für die Geschäfte gilt eine Frist von drei Monaten für die Weitergabe. Für eine Auszahlung in Euro werden fünf Prozent berechnet.

Vorteile

  • Die Technik steht zur Verfügung. Erfolgreiche Beispiele gibt es in der Normandie und in Japan.
  • In der Region gibt es einen Bonus, der zu 50 Prozent von einer staatlichen Institution getragen wird.
  • Der Bonus wirkt vielfach, weil die Bürger:innen das Zehnfache des Betrags mit eigenen Euro einbringen.
  • Die Bürger:innen erhalten direkte zusätzliche Kaufkraft, die bis zu zehn Prozent des Konsums ausmacht.
  • Der lokale Mittelstand profitiert bei diesem System doppelt, weil die Kaufkraft aktiviert wird, durch die Befristung des Bonus ein zeitnaher Konsum stattfindet und durch weiteren lokalen Konsum Kosten vermieden werden können.
  • Die durch den Shutdown entstandenen Nachteile gegenüber dem Online-Handel und großen Lebensmittelkonzernen werden ausgeglichen.

Kosten-Nutzenrechnung für eine Region am Beispiel des Landkreises Rosenheim

150.000 Haushalte kaufen im Netzwerk für maximal 45 Millionen Euro pro Monat ein. Die staatliche Institution übernimmt einen hälftigen Anteil am Bonus in Höhe von fünf Prozent, das entspricht 2,25 Millionen Euro pro Monat bzw. 27 Millionen Euro pro Jahr. Die Wirtschaft beteiligt sich mit 2,25 Millionen Euro pro Monat, die für diejenigen Unternehmen anfallen, die den regionalen Wirtschaftskreislauf verlassen. Hochgerechnet auf ein Jahr werden durch die Konsumierenden 540 Millionen Euro an Kaufkraft für die Region mobilisiert. Wird das Geld von den Unternehmen mindestens zweimal weiterverwendet, wird eine weitere Millarde Euro an Umsatz generiert. Für diese Mobilisierung werden durch den Staat und die Wirtschaft jeweils 1,7 Prozent aufgewandt. Die Mehrumsätze führen zu Mehreinnahmen beim Staat in Form von Umsatzsteuer, Einkommenssteuer und Gewerbesteuer.

Public-Citizenship-Partnership

Das Projekt wäre hervorragend geeignet, um eine Zusammenarbeit zwischen bürgergetragenen demokratischen Organisationen wie Genossenschaften und Vereinen und staatlichen Stellen zu starten. Im Idealfall könnten Ansätze von digitalem Zentralbankengeld auf lokaler Ebene mit dem Regionalbonus kombiniert werden, um die Wirtschaft lokal zu fördern und zugleich neue, sichere Bezahlformen zu etablieren.

Evaluation und Ergebnisse

Die mit dem Regionalbonus angestoßenen Effekte werden wissenschaftlich ausgewertet, damit weitere Umsetzungen in einer optimierenden Lernschleife weiterentwickelt werden können.

Perspektive

Alle Regionen, die den durch Covid-19 angerichteten Schaden ausgleichen möchten, können mit dem Regionalbonus einen Aufschwung in Gang setzen, der ein hervorragendes Verhältnis zwischen Mitteleinsatz und Ergebnis verspricht. Geld wird nicht mit der Gieskanne vergeben, sondern gezielt als Regionalbonus, der dem Mittelstand in der Region zugutekommt.

Konzeptentwurf Christian Gelleri, 06.06.2020 (Mitarbeit Jens Martignoni, Kathrin Latsch)